ANGELN
Geschrieben von Bert Plomp
Im Sommer und im Winter war ich von frühmorgens bis zum Sonnenuntergang auf der Straße. Mit einer kurzen Unterbrechung für Essen und Schulbesuch. Drinnen spielen wollte ich auch, aber dafür gab es keinen Platz. Außerdem gab es wenig bis nichts zu erleben. Meine Freunde waren schließlich alle draußen. Wenn ich mich doch drinnen aufhielt, wurde ich oft aus dem Haus geworfen, weil meine Eltern Ruhe haben wollten.
Um drinnen mit ein paar Freunden zu spielen, brauchte man Platz. Im Napoleonplatz gab es jedoch nur wenige geeignete Häuser. Der Stadtteil bestand größtenteils aus Wohnblocks. Aus Wohnungen mit drei bis vier Zimmern. Sich in einer solchen Wohnung zu amüsieren, bedeutete in der Regel, dass man unter wachsamen Augen der Hausfrau ein kleines Spiel auf dem Wohnzimmerboden spielen konnte. Spiele aus dem ‘Toon Hermans-Weihnachtssortiment’. Daher Spiele wie ‘Angeln’, ‘Hütchenspiel’ und ‘Mensch ärgere dich nicht’. Besonders das Angeln war eines der langweiligsten Spiele, denen man ein Kind in diesen Tagen aussetzen konnte. Bei diesem sogenannten Sport wurde jedes teilnehmende Kind mit einer Angel ausgestattet. Diese Angel war nichts weiter als ein kurzer Bambusstock mit einer Nylonleine am Ende. Am Ende der Leine hing ein extrem schwacher, hufeisenförmiger Magnet. Bewaffnet mit einer solch traurigen Angel musste man zusammen mit den anderen Kindern in einer Art Pappaquarium sitzen und Fische fangen. Fische, die sich unten im Aquarium befanden. Diese Fische waren ebenfalls aus Pappe und hatten einen eisernen Ring durch die Nase. Um einen Fisch zu fangen, half der Magnet. Das Aquarium war also nichts weiter als ein aufrechter, kartonierter Würfel. Ohne Boden und ohne Deckel. Die Seiten waren sehr subtil mit Abbildungen von Fischen verziert. Das Wettbewerbs-Element bestand darin, so viele Fische wie möglich zu fangen. Sehr ärgerlich war es, wenn man schließlich dachte, einen Fisch gefangen zu haben, dass das gerippte Tier auf halbem Weg über den Rand des Aquariums wieder auf den Boden zurückfiel. Allein, weil der Magnet ihn nicht mehr anzog. Dann doch lieber draußen an der frischen Luft angeln. Der Kromme Rijn bot in dieser Hinsicht mehr als genug Möglichkeiten.
Im Sommer schwammen wir im Kromme Rijn, im Winter schlittschuhlaufen wir darauf. Mit dem Schlittschuhlaufen musste man jedoch sehr vorsichtig sein, denn der Fluss wurde regelmäßig abgelassen. Bevor man es bemerkte, stand das Eis unter Wasser und die Eisfläche bewegte sich. Es waren fantastische Tage, an denen man Schlittschuh laufen konnte. Nach einer Nacht Schneefall zog jeder los, um mit Holzschneepflügen eine glatte Bahn vorzubereiten. Die Prinsenbrug und die Galgenwaard-Brücke luden auch zu waghalsigen Abenteuern ein. Wer traut sich weiter zu laufen als ich, auf dem immer dünner werdenden Eis? war eine mutige Herausforderung. Wenn man ins Eis einbrach, schwebte man in Lebensgefahr. Unter dem Eis konnte man von der Strömung mitgerissen und möglicherweise erst wieder auf Höhe der Tolsteegsingel oder in einem der Gräben auftauchen.
Auch damals war das Wasser des Flusses verschmutzt. Vielleicht sogar schlimmer als heute. Es wimmelte nur so von Ratten. Wenn wir im Sommer schwimmen gingen, lauerte nicht nur die Leptospirose, sondern auch gefährlicher Abfall auf dem Boden. Alte, ausgediente Fahrräder, Mopeds, Kinderwagen, Autoteile und anderer Eisenmüll. Man konnte sich an diesen alten, rostigen Überbleibseln schwer verletzen. Dennoch sprangen wir sorglos von der Prinsenbrug ins Wasser. Gelegentlich hatten wir sogar den Mut, von der Brücke in diese Unterwasser-Müllhalde zu tauchen. Vor allem in der Nähe der Brücke lagen die meisten Abfälle auf dem Boden und warteten auf Wagemutige. Im Park kursierte damals hartnäckig das Gerücht, dass ein zwielichtiger Individuum an einem Herbstabend unauffällig einen alten Ofen über die Brücke ins Wasser kippen wollte und mit Ofen und allem darin verschwand. Er ist nie wieder aufgetaucht, auch nicht in der Nähe des Ledig Erf. Offensichtlich war er so verliebt in seinen alten, treuen Kumpel, der ihm uneigennützig so viel Wärme geschenkt hatte, dass er ihn nicht loslassen konnte. Obwohl das Wasser des Kromme Rijn damals als gefährlich galt, wurde dennoch gefischt. Manchmal lagen die Fische einfach zum Greifen nah. Dann war die Wasseroberfläche mit toten Fischen bedeckt. Fische, die mit ihren weißen Bäuchen ein wahres Totenhemd auf dem Fluss bildeten. Dann wurde wieder etwas Schmutziges weiter oben im Kromme Rijn abgelassen.
An gesunden Tagen versuchten wir auch ab und zu, einen Fisch mit einer einfachen Angel zu fangen. Das gelang jedoch selten. Deshalb benutzten wir meistens ein feinmaschiges Kescher, um Stichlinge zu fangen. Zu Hause, schwimmend in einem Glasgefäß, hielten diese kleinen Tiere nicht viel länger als ein paar Tage durch. Das war dann das Ende des Spaßes.
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